Ein transparentes Blau liegt über
den zwei vage strukturierten größeren kubischen Formen, die
reliktartig vom Grund des Bildes hervorzutreten scheinen. Fast meint
man dazu ein leichtes Plätschern der Wellen zu hören, welche
die ohnehin nur fragmentarisch fassbaren, darunter liegenden
Formungen umspülen.
Fragment Venez[ianisch] heißt diese 1992 entstandene Arbeit von
Horst Zickelbein. Der Titel deutet vielfältige Sinnbezüge
an, verweigert sich jedoch im Konkreten. Mit Venezianisch
verbindet sich für mich zuerst: Venezianisches Glas, meist blau,
grün oder auch kupferrubin; dann auch das durchscheinend milchige
Blau des Canal Grande. So gesehen verknüpft der Titel etwas Blaues
mit einem Geformten oder er zielt auf die fragmentarische Präsenz
des Blauen oder aber er möchte den Betrachter an einen vom Wasser
umspülten Ort begleiten, der irgendwo in der Erinnerung verankert
ist
Die abgebildete Arbeit ist in ihrer Verbindung eines differenzierten
Farbklanges mit fließenden dynamischen Formen typisch für
Zickelbeins Arbeiten zu Beginn der neunziger Jahre. Sich diesen abstrahierenden
Bildern zu nähern verlangt neben einem wachen Gespür für
die gefühlshaltige assoziative Malkunst auch Sinn für eine
poetische oder gar philosophische Reflexionsebene. Bei dem Versuch diese
zu fassen, finde ich einen Satz zum Werk des postmodernen Autors Thomas
Pynchon, mit dem sich Zickelbein mindestens in einer Arbeit auseinandergesetzt
hat: Das Werk selbst als Geste der Verzweiflung angesichts des
ständig frustrierten menschlichen Bestrebens, hinter dem Labyrinth
apokalyptischer Ereignisse Sinn- und Bedeutungszusammenhänge aufzudecken
.
In diesem philosophischen Kontext stehen für mich der Schriftsteller
und der Maler, der sich dem Prozess der Bildschöpfung als existentieller
Akt stellt, nebeneinander.
Das Werk des heute fast achtzigjährigen Künstlers setzt Ende
der fünfziger Jahre nach einem Studium an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee
ein, welches er als Meisterschüler bei Heinrich Ehmsen 1958 abschloss.
Ab dieser Zeit lebte er bis 1995 in Berlin, seitdem auf der Ostseeinsel
Bornholm.
Unter den Berliner Malern steht Horst Zickelbein in den sechziger Jahren
neben Manfred Böttcher, Harald Metzkes, Hans Vent, Christa und
Lothar Böhme u.a., die sich in Anlehnung an Cézanne, einer
sensualistischen Malweise verpflichtet fühlten. Bereits Ende der
sechziger Jahre löst sich jedoch Horst Zickelbein, von Jackson
Pollock beeinflusst, aus den lokalen Traditionen und artikuliert sich
zunehmend in einer assoziativen expressiven Bildsprache. Seine Werke
befinden sich im Besitz von verschiedenen Museen, öffentlichen
Einrichtungen und Privatsammlungen.
Katharina Köpping
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