Vielleicht handelt es sich um einen
- hier kulissenartig wirkenden - Marktplatz einer kleinen Stadt, irgendwo
im Süden, in Portugal oder in Spanien. Die einstöckigen Häuser
haben die Tageshitze der verschwindenden Sonne gespeichert, deren letzte
Strahlen die mittige gelbe Fassade spiegelt. Davor entfaltet sich das
Geschehen zwischen Tagtraum und Realität: Ein unter Sonnenschirmen
zwischen Caféhaustischen sitzender Mann, der die vorderen Figuren
und den Betrachter beobachtet. Davor sitzt in der linken Bildecke frontal
zugewandt ein Mädchenakt; in der rechten Ecke steht ein Hund, dessen
Vorderpfoten auf einer Staffelei aufsetzen.
Der Künstler entwirft das Bild mit einer dynamisierenden, unregelmäßigen,
schwarzen Konturlinie und bindet dadurch die expressiv leuchtenden Farbfelder.
Innerhalb des schiefen Liniengerüstes behaupten sich Rot, Grün
und Gelb dominant gegen Blau und Violett.
Man könnte die Szene so verstehen: der Maler ist im doppelten Sinn
in dem Bild präsent. Beobachtend erscheint er im zentralen Bereich,
als der unter den Schirmen sitzende Mann, der zurückgezogen die
Dinge gedanklich verfolgt und dessen Modell dabei (imaginär) verfügbar
erscheint. Darüber hinaus ist er als alter ego in Gestalt
des Hundes an der Staffelei zugegen. Der Bildtitel iss Schokolade,
der sich auch als verbale Botschaft auf dem Grund findet, untersetzt
die in einer rätselhaften Melancholie entworfene Szene mit einem
zusätzlichen Sarkasmus. Ein Titel, der sich übrigens auch
auf weiteren Arbeiten des Künstlers aus dem Motivkreis Mädchenakt
und Hund im südlichen Ambiente findet. Der Bestand der Artothek
enthält außerdem eine Reihe von Graphiken mit Zirkusszenen
und ein weiteres großformatiges Bild - ein Mädchenakt zwischen
Menschen am Billardtisch.
Katharina Köpping (2005/2008)
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