Wie aus einer Anfahrt mit dem Auto über die „Dammbrücke“ erfasst die zweifarbige Monotypie im dynamischen Duktus die gewohnte Silhouette der Köpenicker Altstadt: das an der Straße Freiheit 1 liegende ehemalige Stammhaus der Köpenicker Bank, den Turm der Laurentiuskirche und die eher ahnungsvoll angedeuteten Umrisse des örtlichen Rathauses. Eine reduzierte, durch Braun- und Gelbtöne bestimmte Farbigkeit gibt dem ja eigentlich menschenleeren städtischen Ensemble einen heiteren Klang.
Diese Arbeit entstand Mitte der neunziger Jahre in einer Zeit, als Jana Stulpe als „Kietz-Zeichnerin“ in Köpenick ihre Motive fand und diese häufig in Monotypien umsetzte. Eine Drucktechnik, bei der so genannte Einmaldrucke bzw. künstlerische Unikate entstehen – unabhängig davon, dass bis zu drei Drucke mit etwas variabler Farbigkeit, von bemalten Glas-, Igelit- oder Metallplatten ausgeführt werden können. Neben der Offset-Lithographie wurde dieses künstlerische Verfahren-bis zum Einbruch des Graphikmarktes in den neunziger Jahren-häufig verwendet.
Die aus Bulgarien stammende Künstlerin Jana Stulpe lebt seit 1991 in Berlin-Köpenick. Sie studierte von 1968 bis 1973 an der Kunsthochschule Weißensee bei Fritz Dähn und Walter Womacka Malerei und Grafik. Ihre Arbeiten blieben formal einem gegenständlichen Realismus verpflichtet, der mich atmosphärisch stark an dominierende Strömungen der Ostdeutschen Kunst der siebziger Jahre erinnert.
Katharina Köpping (2005)
< Auswahl